Hojjatoleslam Dr. S.M.N.Taghavi
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen.Lobpreis sei Gott, dem Gepriesenen und Erhabenen, dem Herrn der Welten, und Sein Frieden und Segen seien mit unserem Propheten Mohammad (Friede sei mit ihm) seinen reinen Nachkommen (Friede sei mit ihnen), und seinen rechtschaffenen Gefährten.Ich rate mir selbst und Ihnen zu Frömmigkeit und Gottesfurcht. Frömmigkeit ist das Höchste aller Dinge und die höchste Sprosse der moralischen Leiter Da Frömmigkeit und Gottesfurcht der Maßstab für den Wert und die Bevorzugung der Menschen untereinander ist, spricht Gott:
„O ihr Menschen, Wir haben euch aus Mann und Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, auf dass ihr einander erkennen möget. Wahrlich, vor Allah ist von euch der Angesehenste, welcher der Gottesfürchtigste ist.“ (Sure 49, Vers 13). Deshalb soll jemand, der Vervollkommnung erstrebt, vor allem gottesfürchtig und fromm sein. Auch der edle Gesandte Gottes (s.a.s.) bezeichnete die Gottesfurcht als das Höchste aller Dinge und legte sie den Menschen deshalb besonders ans Herz: „Seid fromm und gottesfürchtig, denn die Gottesfurcht ist das Höchste aller Dinge.“(Bihar al-Anwar, Bd. 89, S. 70). In diesem Sinne sieht auch Imam Ali (a.s.) die Gottesfurcht als das Höchste der guten ethischen Dinge an und als Stufenleiter der Moral; d. h. ein gottesfürchtiger Mensch hat eine hohe ethische Ebene erreicht. Demgemäß sagt Imam Ali (a.s.): „Die Frömmigkeit ist die höchste Zufriedenheit Gottes über Seine Diener und das Höchste dessen, was Gott von Seinen Geschöpfen erwartet.“ (Ghurar al-Hikam). Unser Thema der letzten Ansprachen war die Toleranz aus der Sicht der islamischen Überlieferungen und zuletzt die Toleranz gegenüber den Freunden. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass es empfohlen wurde, Freunden und denjenigen gegenüber, mit denen man Kontakt hat, im Gespräch
wie auch im Verhalten freundlich und nett zu sein. Die Freundschaften sollen wir mittels Großzügigkeit und Toleranz stärken und festigen. Toleranz gegenüber Feinden Bei der Diskussion der Qur’anverse im Zusammenhang mit der Toleranz haben wir erwähnt, dass Gott Seinem Propheten empfohlen hat, nicht nur den schuldigen Gläubigen, sondern auch den Feinden – wenige ausgenommen – gegenüber Toleranz zu üben. Dem Propheten wurde sogar geraten, den Götzendienern, die bei ihm Zuflucht suchten, Sicherheit und Schutz zu gewähren: „Und wenn einer der Götzendiener bei dir Schutz sucht, dann gewähre ihm Schutz, bis er Gottes Worte vernehmen kann; hierauf lasse ihn den Ort seiner Sicherheit erreichen. Dies (soll so sein), weil sie ein unwissendes Volk sind.“ (Sure at-Tauba, Vers 6). Es gibt verschiedene islamische Überlieferungen, die empfehlen, dass man sich Feinden gegenüber tolerant verhält, und der gelehrte Nachkomme des Propheten (s.a.s.), Imam Muhammad al-Baqir (a.s.), stellte fest, dass sich diese Toleranz im Verhalten und Reden manifestieren soll. Einem seiner Freunde legte er nahe: „Beim Umgang und der Begegnung mit deinen und meinen Feinden sollst du ihnen die Toleranz meinerseits zeigen.“ (Bihar al-Anwar, Bd. 75, S. 438). Imam Ali (a.s.) sagt in einem seiner weisen Aussprüche, dass es für das Bewahren der Brüderlichkeit und Reinheit und Erlangung von Gerechtigkeit notwendig ist, gegenüber Freunden tolerant zu sein. Er sagte: „Sei geduldig mit deinem Feind, damit du die Brüderlichkeit erreichen kannst und begegne deinem Freund mit Wahrhaftigkeit, damit du ihm Großmut zeigst.“ (Ghurar al-Hikam). Ferner ist von ihm dieser Ausspruch überliefert: „Gehe mit deinem Gegner, der Schwierigkeiten für dich schaffen will, tolerant um, damit du vor seinen teuflischen Gedanken geschützt bist.“ (Ghurar al-Hikam). An anderer Stelle stellte er fest: „Sei deinem Feind gegenüber nicht allzu feindselig, denn es ist möglich, dass er dein Freund wird.“ (Nahj al-Balagha, Ausspruch Nr. 268). Das bedeutet, man soll damit rechnen und es nicht ausschließen, dass ein Feind eines Tages ein Freund werden kann, und man soll folglich diese Entwicklung nicht durch eigene Feindseligkeit verhindern. Es wurde an anderer Stelle bereits erwähnt, dass Imam Ali (a.s.) sagte:„Wer seinen Gegnern und Feinden gegenüber Toleranz übt, wird vor der Auseinandersetzung und
Konfrontation mit ihnen geschützt sein.“ (Ghurar al-Hikam). Toleranz gegenüber schlechten Freunden Manche Leute sind weder unsere richtigen Freunde noch unsere erklärten Feinde, sondern sie sind wie Begleiter, die in ihrem Umgang mit uns keine Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit zeigen, während sie uns gleichzeitig auch nicht wirklich feindlich gesinnt sind. Ein wahrer Freund freut sich über unseren Erfolg und wünscht für sich selbst einen ähnlichen Erfolg. Ein schlechter Freund hingegen ist auf den Erfolg anderer neidisch und zieht es vor, selbst den Erfolg zu haben und nicht andere. Neid manifestiert sich zuweilen in Äußerungen oder im Verhalten. Bei anderen hingegen hat der Neid nicht nur die
Gedanken erfasst, sondern er zeigt sich auch im Handeln und stellt somit eine Gefahr für den Menschen dar. Gott, der Erhabene, sagt uns im Heiligen Qur’an, dass wir in solchen Fällen Schutz bei Ihm suchen sollen: „Sprich: ‚Ich nehme meine Zuflucht beim Herrn des Frühlichts … vor dem Übel eines (jeden) Neiders, wenn er neidet.’“ (Sure al-Falaq, Verse 1 und 5). Imam Sadiq (a.s.) sagte: „Es gibt Fälle, in denen es keine Ausflucht für das Handeln gibt, und zwar bei der Toleranz gegenüber den Neidern.“ (Bihar al-Anwar, Bd. 78, S. 232). Imam Ali (a.s.) führte weiter aus: Wenn ein Bruder oder Freund dir schaden oder dich gefährden will, sollst du ihn in Form einer guten Tat tadeln und dich für die Gefahr mit Großzügigkeit revanchieren: „Wenn jemand dir gegenüber schlecht handelt, sollst du das mit einer guten Tat beantworten.“ (Nahj al-Balagha, Ausspruch Br. 158). Es soll uns bewusst sein, dass der Neid im Denken und Herzen der Menschen so allgemein ist, dass jeder mehr oder weniger davon betroffen ist. Aber solange dieser Neid nicht geäußert und nicht in die Tat umgesetzt wird, stellt er keine Gefahr für den Menschen dar. Der geehrte Prophet des Islam (s.a.s.) sagte: „Der Neid eines Neiders verursacht keinen Schaden, solange er nicht geäußert wird oder sich im Handeln zeigt.“ (Kanz al-Ummal, Bd. 3, S. 462). Der wichtige Punkt hierbei besteht darin, dass wir einem Neider, der seinen Neid auch zeigt, mit Toleranz und Nachsicht begegnen sollen. Um die Gefahr des Neides zu vermeiden, wird empfohlen, sich demütig zu zeigen. In diesem Sinne wurde vom edlen Propheten des Islam (s.a.s.) überliefert: „Jeder Besitzer einer Gnade ist der Gefahr des Neides ausgesetzt, d. h. er wird von anderen beneidet mit Ausnahme desjenigen, der Demut zeigt.“ In allen drei Fällen, über die wir in diesem Zusammenhang diskutiert haben, d. h. in unserem Umgang und unseren gesellschaftlichen Beziehungen, gleich ob es einen guten und aufrichtigen Freund, einen schlechten Freund, der uns in Gefahr bringt, oder auch Gegner und Feinde betrifft, soll man tolerant und nachsichtig sein. Die Erörterung dieses Themas werden wir, so Gott will, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit fortführen. Und der Friede sei mit euch und die Gnade Gottes und Seine Segnungen.