Am 3. Mai 2014 fand im Konferenzsaal des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) die 3. Sitzung der Islamisch-Europäischen Union der Schia-Gelehrten (IEUS) statt. Das Thema dieses Treffens lautete: „Die Rolle der islamischen Wissenschaftler bei der Erläuterung der Vernunft und dem Ausbau der weltweiten Beziehungen“. An dieser Sitzung nahmen mehr als 110 Gelehrte, ausgewählte Mitglieder und zum ersten Mal auch weibliche Theologen aus ganz Europa teil.
Die Versammlung begann im Konferenzsaal des Islamischen Zentrums Hamburg mit einer Koranrezitation, einer kurzen Würdigungsfeier und einem Bittgebet. Ayatollah Dr. Reza Ramezani – Imam und Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg – hieß die Teilnehmer willkommen und kondolierte zum Todestag von Imam Naqi (a), dem 10. Imam der Muslime. Als Stellvertreter der schiitischen Geistlichkeit in Deutschland sprach er von der Rolle Imam Naqis (a) in der Verbreitung der islamischen Kultur: „Studieren wir das Bittgebet Ziarat Jamia Kabira etwas genauer, welches uns von Imam Naqi (a) hinterlassen worden ist, wird seine Rolle in der Vereinigung der Muslime klar. Den Imam richtig zu kennen ist unsere erste Aufgabe, gefolgt von Liebe und dem Versprechen, ihm und seine Anweisungen zu befolgen.“
Weiterhin bedankte er sich für die Arbeit aller Verantwortlichen und des ehemaligen Vorstands: „Dieser Verein ist seit seiner Gründung dabei, sich zu etablieren und muss nun seine Aktivitäten in verschiedenen Bereichen erweitern. Die schiitischen Geistlichen sollten wissen, dass ihnen wichtige Aufgaben übertragen worden sind. Jeder von uns hat eine gesellschaftliche und eine individuelle Verantwortung, wobei die gesellschaftliche Verantwortung einen größeren Wirkungsbereich hat, hier geht es nämlich darum, die Menschen in ihrem Denken sowie aus spiritueller Sicht zu erziehen, sie in ihrem Glauben zu stärken und ihnen ihre Fragen überzeugend zu beantworten. Es ist überliefert worden, dass die Geistlichen dem Volk jede Neuerung in der Religion erläutern sollen. Es ist ihre Pflicht, sich im Rahmen der Mäßigkeit und Vernunft zu bewegen. Religiöse Vernunft bedeutet, für jede Frage und für jeden Zweifel an der Religion eine befriedigende Antwort und ein logisches Argument zu liefern. Ein Geistlicher muss sein Studium der Lehren der Ahl-ul-Bayt (a) und seine Gelehrsamkeit dafür einsetzen, dass ein korrektes und umfassendes Verständnis von der Religion vermittelt wird. Dieser Verein der Islamisch-Europäischen Union der Schia-Gelehrten (IEUS) kann hierbei eine zentrale Rolle spielen. Sie ist eine geeignete Grundlage dafür unsere Kapazitäten zu erkennen. Dadurch und durch Zusammenarbeit können wir – so Gott will – große Schritte für die Menschen unternehmen.“
Der nächste Redner war Ayatollah Ghaemmaghami, ehemaliger Vorsitzender des Vereins. Auch er bedankte sich bei allen Gelehrten, die teilgenommen hatten und berief sich auf den 43. Vers der Sure Asch-Schura (Die Beratung), welcher besagt, dass jede große Tat durch Geduld und Konsequenz erfolgreich sein wird: „Gott – der Erhabene – sagt, dass jede Tat, die wichtig ist und eine permanente Wirkung haben soll, Geduld und Entschlusskraft benötigt. Je größer die Tat ist, desto mehr Anstrengung und Willenskraft wird sie einem abverlangen. Voraussetzung für einen starken Willen ist viel Geduld und Nachsicht. Jedes große Unterfangen braucht auch Rücksprache und Beratung. Wir hoffen, dass dieser Verein ein Beispiel einer solch großen Tat sein wird, die nicht nur für Schiiten sondern für alle Muslime und auch jene, die sich zu anderen Religionen bekennen vorteilhaft sein wird. Dieser Verein ist völlig unabhängig und an keine politische Richtung, kein Volk und keine Nationalität gebunden. Es hat die Verantwortlichen dieses Vereins viel Mühe gekostet, diese Unabhängigkeit zu bewahren.“
Er sagte weiter, dass Gemäßigkeit und Vernunft in der schiitischen Denkschule ein Teil der Lehre der Ahl-ul-Bayt (a) sind und eine Stärke der Schia darstellen: „Im Laufe der Geschichte ist die Schia stets eine Strömung gewesen, die sich ans Maß hielt und sich von Gewalt distanzierte. Dies rührt von der schiitischen Denkweise und von der Lehre des Ahl-ul-Bayt (a) her. Die Vernunft ist das erste Prinzip dieser Lehre und gewährleistet die Gemäßigkeit der Schia, die sich in der Mitte befindet. Der Mensch hat verschiedene Bedürfnisse und die Religion befriedigt sie nicht nur alle, sondern gleicht sie untereinander aus. Wir müssen uns bemühen und nicht zulassen, dass die Schia als eine extremistische Gruppe angesehen wird und dies ist nur durch Vernunft und durch gemäßigtes Verhalten möglich.“
Ayatollah Dr. Ramezani – Imam und Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg – wurde von den Mitgliedern zum neuen Vorsitzenden des Vereins gewählt. Anschließend fand die Wahl des neuen Vorsitzenden-Rates statt, wobei 11 Personen als Hauptmitglieder und 3 Personen als stellvertretende Mitglieder gewählt wurden. Unter den neu gewählten Mitgliedern war zum ersten Mal auch eine Theologin. Gewählt wurden folgende Personen: Hudschat-ul-Islam Vaezi, Khademi, Hakim Elahi, Schemschad Razawi, Dschazari, Iranmanesch, Waldmann, Bayar, Esrafil und Musawi Payandeh. Die stellvertretenden Mitglieder sind die Hudschat-ul-Islam Khalilzadeh, Seyed Mozafar Naghawi und Naghawi.
Im Laufe dieser Veranstaltung befassten sich vier wissenschaftliche Kommissionen mit folgenden Themen: Neue Verkündungs- und Veröffentlichungsmethoden in der schiitischen Gemeinschaft, Angelegenheiten des Vereins und der Rechtsgelehrten, Methoden zur Bekämpfung von Extremismus und eine Diskussion über Veröffentlichungen und kulturelle Veranstaltungen. Die Ergebnisse dieser Diskussionen wurden anschließend verkündet.
Die Sitzung endete nach einer Meinungsäußerung der Mitglieder, den Mittagsgebet und einer Schlussrede des neuen Vorsitzenden des Vereins. Ayatollah Dr. Reza Ramezani kündigte in seiner Rede das Ende der Etablierungsperiode dieses Vereins an. Zugleich kündigte er den Beginn einer neuen Periode an, in der nun Prozesse definiert und Pläne entworfen werden müssen, die die Aktivitäten des Vereins ausbauen, und legte nach Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder einen Termin, im nächsten Jahr, für die nächste, große Sitzung des Vereins fest.